Ein paar Spatzen zankten sich um ein paar Körner die sie vom Boden aufpickten. „Friss mir nicht alles weg!“, piepste anklagend der eine. „Es gibt Nahrung in Hülle und Fülle“, gab der andere zurück. Er war dick und vollgefressen. „So lange uns die da oben Futter streuen, schon“, wies ihn eine alte Spätzin mit einem sanften Schnabelschlag und einem Blick hinauf zum Haus zurecht. „Wenn die einmal da-mit aufhören, sieht es schnell böse aus. Von bitteren Zeiten haben alte Spatzen und auch Menschen erzählt. Ich erlebe sie vielleicht nicht mehr, aber Ihr, Ihr Grün-schnäbel…!¨ Die Spätzin, stolz auf ihr Wissen, reckte sich. „Wo liegt der Unterschied zwischen den Menschen und uns?“, fragte einer der Spatzen die Alte. „Der Unter-schied“, antwortete diese, „ist nebst dem Aussehen, dass die Menschen an Gesetze gebunden sind. Wenn sie diese nicht einhalten, werden sie bestraft.“ „Ach so?!“ „Aber genau bei dem einen Gesetz, das als höchstes gilt“, fuhr die Alte fort, „werden sie nicht bestraft wenn sie es übertreten. „Was ist dies für ein Gesetz pfiffen alle Spatzen durcheinander?“
Das Gesetz heisst: man soll den Nächsten lieben wie sich selbst.“
Nach diesen Worten brach unter den Spatzen ein Tumult los. „Wie bitte? Das ist unmöglich! Würde das heissen, dass wir die andern Vögel, die uns die Körner wegstehlen, oder die Katze, die uns nach dem Leben trachtet, lieben sollten? Hast du keinen andern Vergleich?“ „Die Menschen“, sinnierte die Alte, „erfinden Dinge. Zum Beispiel, dass sie im Winter nicht frieren müssen oder dass sie sich über weite Distanzen hinweg verständigen können oder gar umbringen.“ „Umbringen? Die Menschen bringen sich gegenseitig um?“ Die Spatzen rissen ihre Augen auf. „Sie bringen sich um? Dann lieber keine Gesetze, dafür wollen wir unsere kleinen Strei-tereien behalten. Und weiter?“ Die Spätzin räusperte sich. „Die Menschen wollen ewig jung sein. Das erreichen sie mit Disziplin. Sie rennen nach einem Plan, schla-gen täglich 30 oder 100 Mal mit dem rechten Flügel, dann mit dem linken, drehen 30 Mal den Kopf oder schwingen abwechslungsweise die Beine. „Das können wir auch“, piepsten die Spatzen, plusterten die Federn auf und fingen übermütig an, wie wild herum zu hüpfen um Mensch zu spielen. Eine Katze kam um die Ecke. Zu spät! Schon hatten deren scharfe Krallen den dicksten Spatz erwischt.