„Ich will keine Eier mehr legen“, sagte eines Tages die Henne zum Hahn.“ Ich will nicht, dass meine Eier von den Menschen gegessen werden, noch will ich mich fortpflanzen. Ich streike!“ Erstaunt schaute der Hahn auf seine Lieblingshenne. „Aber sind wir nicht glücklich hier auf dem Bauernhof? Wir haben es besser als viele unserer Artgenossen.“ Er scharrte im Sand und fragte zärtlich: „Was ist denn bloss in dich gefahren?“ „Nichts“ entgegnete die Henne. „Ich mache mir nur meine Gedanken. Ich brauche eine Zeit der Besinnung.“ „Und das bedeutet?“ „Komm, ich erzähle dir eine Geschichte“, sagte das Huhn. Es flatterte mit dem Hahn auf den Misthaufen, und begann, nachdem dieser ein paar Mal laut gekräht hatte, leise mit gackender Stimme. „Auf einer Hühnerfarm, zwischen Hunderten von Kücken lebte ein kleines Kücken. Es war unglücklich. Es hasste die Betonwände, hasste seine Umgebung. Wenn es unter der Wärmelampe stand, dachte es unwillkürlich an eine Mutterhenne, die mit einem Gluck, Gluck, liebevoll ihre Jungen zu sich lockte, und schützend die Flügel über sie ausbreitete. Aber solches gab es wohl nur in der Fantasie. Eines Tages, als die Kücken in Schachteln verpackt in einen Camion verladen wurden, gelang dem kleinen Kücken die Flucht. Es atmete tief, genoss die Freiheit, durchstreifte Wiesen und Wald. Wie durch Zufall wurde es weder von einer Katze noch von einem andern Tier gerissen. Es lernte sein Futter selber zu suchen, wurde gross und stark, machte Bekanntschaft mit andern Tieren und mit dem, was man das Leben heisst. So kam die Zeit, als es begann, Eier zu legen. Zum Brüten wählte es sich den schönsten Platz an einem geschützten Ort aus. Während es auf den Eiern sass, stellte es sich die Zukunft vor. Eine starke Brut sollte heranwachsen!“ Die Henne schwieg. „Und, wie geht die Geschichte weiter?“, fragte der Hahn. Seine Gefährtin zuckte die Achseln. „Ich weiss es selber nicht. Das Kücken hat keine Kücken, es hat Drachen ausgebrütet.“