Ein junger Wolf strich durch den Wald. Er war hungrig und er träumte von einem kleinen, zarten Lamm. Der Ruf eines Eichelhähers schreckt ihn auf. „Wolf, hau ab! Du bist hier nicht willkommen!“ Der junge Wolf stand still und schaute hinauf zur Tanne, wo der Häher sass. „Weshalb?“, fragte er zurück. „Weil du ein Fremder bist!“ Ein Fremder? Der Wolf erinnerte sich nicht, irgendwo sonst gelebt zu haben. „Ich bin hier im Wald geboren“, rief er zurück. Er dachte an die Wärme eines Muttertiers, roch die Milch der Zitzen. Ein Hungergefühl hatte er damals nicht gekannt. „Ein Fremder bleibst du trotzdem“, krächzte der Tannenhäher „und du bringst die Ordnung unseres Waldes durcheinander!“ Der junge Wolf wollte eben fragen, was für eine Ordnung, als ihm ein feiner Geruch in die Nase stieg. Aus dem Gebüsch heraus trat ein kleines Reh. Lautlos tat der Wolf einen Sprung, und schon hatte er das Reh zwischen den Zähnen. „Das wird morgen in der Zeitung stehen“ krächzte der Eichelhäher, „dann müssen Massnahmen ergriffen werden: gestern ein Schaf, heute ein Reh, morgen ein Mensch.“ Der Wolf hörte nicht mehr hin. Er war mit seiner Beute beschäftigt. „Du hast recht, lieber Häher“, liess sich jetzt die Stimme einer Krähe vernehmen. „Der Wolf wird zum Problem!“ Nun mischte sich auch ein Sperber in die Diskussion: „Der Mensch hat den Wolf wieder eingesetzt nachdem er vor Jahrhunderten aus unsern Wäldern verbannt wurde. Und dies mit der Behauptung, Wölfe seien scheu und harmlos.“ „Harmlos ist er nicht“, grunzte ein Wildschwein. „Vor einem Jahr hat mir ein Wolf zwei Junge weggefressen.“ „Wartet nur bis er die ersten Kinder angreift!“ rief eine andere Stimme. Der ganze Wald war plötzlich in Aufruhr. Alle sprachen durcheinander und schlugen mögliche Lösungen im Umgang mit Wölfen vor. Der beste Vorschlag kam von einem alten Hund, der sich im Wald verirrt hatte. „Die Wölfe“, sagte er „sollten von gelernten Wolfsbetreuern ausgebildet werden, ehe sie sich bei uns niederlassen. Sie dürfen kein Frischfleisch erhalten und nur mit Fertigfutter ernährt werden. Das macht sie zahm. Zuwiderhandelnde Wölfe müssten einen Maulkorb tragen.“ Ein vorbeieilender Jogger hatte die Worte aufgeschnappt und roch sofort das Geschäft der Zukunft! Eine Fabrik für Wolfsfutter. Er brauchte nur noch einen reisserischen Namen für die Werbung.